Forex-Spreads: Die verborgenen Kosten der Online-Broker

Viele Online-Broker locken mit tiefen Courtagen – doch wer Aktien in Fremdwährungen kauft, zahlt oft kräftig drauf. Versteckte Währungsaufschläge (Forex-Spreads) können die günstigen Gebühren rasch übersteigen und schmälern langfristig die Rendite.

Forex-Spreads: Die verborgenen Kosten der Online-Broker

Die Erfolgsgeschichte der Neo-Broker hat eine klare Erzählung: tiefe Courtagen, intuitive Apps, Zugang zu Märkten rund um die Uhr. Wer heute Aktien kauft, bezahlt oft nur noch ein paar Franken pro Transaktion, manchmal gar nichts. Der Preissturz an der Oberfläche verdeckt jedoch eine zweite Preisschicht, die viele Privatanleger systematisch unterschätzen. Sie entsteht nicht im Orderticket für die Aktie, sondern in der Währungsumrechnung. Wer Titel in Fremdwährungen handelt, bezahlt fast immer einen Aufschlag auf den Devisenkurs – den Forex-Spread beziehungsweise den Währungs-Markup. Und dieser kann die scheinbar günstige Courtage in den Schatten stellen. Worum geht es konkret? Jede Transaktion über die Heimatwährung hinaus zwingt den Broker, Geld in eine andere Währung zu tauschen, sei es explizit im Vorfeld oder implizit im Hintergrund. Der Wechselkurs, den der Kunde erhält, liegt selten genau auf dem sogenannten Mid-Market-Kurs, also der Mitte zwischen Geld- und Briefkurs am Interbankenmarkt. Stattdessen wird ein Zuschlag addiert, der je nach Anbieter, Handelsplatz, Tageszeit und Kundensegment variiert. Das Ergebnis ist ein «All-in-Kurs», den der Kunde bereitwillig akzeptiert, weil er ihn in der Regel nicht gegen eine Referenz vergleicht. Genau hier beginnt das Problem der Intransparenz. Während Courtagen in Preislisten und Werbesujets prominent ausgewiesen sind, verstecken sich Währungsaufschläge in Fussnoten, Tarifanhängen oder allgemeinen Geschäftsbedingungen. Manche Broker geben eine fixe «FX-Gebühr» an, andere sprechen von «bis zu X Basispunkten» auf den Interbankenkurs, wieder andere nennen gar keine Zahl, sondern verweisen auf «marktübliche Spreads». Für den Anleger bedeutet das: Die reale Belastung ist ex-ante schwer zu beziffern. Erst ex-post, wenn man den erhaltenen Wechselkurs mit einem unabhängigen Referenzkurs vergleicht, wird sichtbar, wie viel vom investierten Kapital tatsächlich in die Zielanlage geflossen ist – und wie viel als stille Marge beim Anbieter geblieben ist. Die Wirkung auf die Nettorendite ist alles andere als akademisch. Ein einfaches Beispiel illustriert die Grössenordnung. Wer für 10’000 Franken US-Aktien kauft, braucht rund 10’000 Franken in Dollar. Liegt der effektive Aufschlag der Umrechnung bei 0,8 %, sind 80 Franken weg, bevor die erste Aktie im Depot liegt. Die Courtage von 3 bis 9 Franken wirkt daneben wie Kleingeld. Beim späteren Verkauf und der Rückumwandlung entsteht die gleiche Reibung erneut. Wer zwischendurch Dividenden in Dollar erhält, die der Broker automatisch in Franken bucht, bezahlt nochmals – in kleineren Beträgen, aber mit kumulativer Wirkung. Über mehrere Jahre kann die Summe dieser stillen Kosten die jährliche Outperformance eines Stock-Pickings glatt ausradieren. Hinzu kommt die Dynamik der Liquidität. Der Interbanken-Devisenmarkt ist zwar einer der tiefsten Märkte der Welt, aber Spreads sind nicht konstant. Ausserhalb der Kernhandelszeiten – etwa am späten Abend europäischer Zeit oder zu Wochenbeginn – weiten sich die Spannen, bei Nachrichtenereignissen ebenfalls. Retail-Orderflüsse werden zudem oft nicht an einen offenen Marktplatz geführt, sondern internisiert: Der Broker oder ein angeschlossener Market Maker stellt den Kurs selbst und verdient an der Differenz. Für professionelle Kunden mag es Instrumente geben, um diese Mechanik zu umgehen. Für den durchschnittlichen Privatanleger ist der angezeigte Kurs jedoch der Kurs – und jede zusätzliche Vergleichsprüfung kostet Zeit und Aufmerksamkeit, zwei knappe Ressourcen. Regulatorisch ist das Thema heikel. MiFID-II-Regeln in der EU und Best-Execution-Grundsätze verlangen, dass Institute die bestmögliche Ausführung sicherstellen und Kosten transparent machen. In der Praxis bleibt die Währungsumrechnung aber häufig im Graubereich zwischen «Dienstleistung» und «handelbarem Preis». Die einen Anbieter rechnen zum Zeitpunkt der Aktienausführung um, andere bündeln Kundenflüsse und konvertieren zu definierten Zeitpunkten, wieder andere führen intern Währungskonten und verrechnen erst beim tatsächlichen Wechsel. Für den Kunden sieht all das ähnlich aus – im Kontoauszug steht ein Umrechnungskurs, und die Differenz zum «Google-Kurs» wird als normal hingenommen. Dass in dieser Differenz eine substanzielle Ertragsquelle steckt, bleibt unausgesprochen. Eine zweite Quelle versteckter Kosten liegt in der Architektur der Produkte. Viele ETFs, die in der Schweiz oder in der EU zum Handel zugelassen sind, notieren in Franken oder Euro, investieren aber in den USA. Auch wenn der Handel in CHF erfolgt, muss der ETF die Basisanlagen in USD kaufen. Die Währungsabsicherung – falls vorhanden – verursacht ihrerseits laufende Kosten. Wer denkt, der Kauf eines «CHF-ETF» erspare die Wechselgebühr, irrt. Die Umrechnung passiert dann eben auf Fondsebene. Der Unterschied ist, dass die Kosten in der laufenden TER oder im Tracking-Error gegenüber dem Index aufgehen und damit noch weniger sichtbar sind. Transparenz ist hier nicht unmöglich, aber sie erfordert bewusste Analyse der Factsheets und Berichte. Für Anleger stellt sich daher nicht die Frage, ob Währungsumrechnung kostet, sondern wie viel – und ob sich die Kosten steuern lassen. Eine naheliegende Option sind Multi-Währungskonten, auf denen man Fremdwährungen hält und die Aktien direkt in der jeweiligen Währung kauft. Das verschiebt die Wechselentscheidung vom Ordermoment in einen separaten Devisenhandel, idealerweise zu Zeiten hoher Liquidität. Manche Broker erlauben explizite FX-Orders mit transparenten Kommissionen; die effektiven Aufschläge sind dann näher an institutionellen Bedingungen. Der Nachteil sind zusätzliche Schritte und die Disziplin, den FX-Kurs tatsächlich zu beobachten, statt bequem «Auto-FX» zu wählen. Bequemlichkeit hat an den Märkten ihren Preis. Auch das Handelsverhalten spielt eine Rolle. Wer häufig zwischen Titeln in unterschiedlichen Währungen umschichtet, zahlt den Spread immer wieder. Eine langfristige Buy-and-Hold-Strategie reduziert nicht nur die Courtagen, sondern auch die Wechselkosten über die Zeit. Ebenso lohnt es sich, Dividenden wenn möglich in der Originalwährung anzusammeln, statt jede Ausschüttung automatisch zu konvertieren – vorausgesetzt, der Broker bietet diese Option und erhebt keine Zusatzgebühren für Fremdwährungssalden. Bei kleineren Depots können Mindestgebühren für Währungskonten den Vorteil wieder auffressen; es bleibt ein Abwägen zwischen Transparenz, Flexibilität und Einfachheit. Ein besonderes Auge verlangt die Schnittstelle zwischen Marketing und Realität. «Null Courtage» klingt bestechend, aber die Geschäftsmodelle der Anbieter funktionieren nicht im luftleeren Raum. Entweder werden die Kosten in die Spreads verlagert, oder Erträge entstehen durch die Weiterleitung von Orderflüssen, Zinsmargen auf Cash-Bestände, Wertpapierleihe oder Premium-Services. Daran ist per se nichts Anstössiges, solange das Preisschild ehrlich ist. Für die Währungsumrechnung heisst das: Ein Broker, der offen einen klaren FX-Tarif in Basispunkten auf den Referenzkurs erhebt, ist einem Anbieter vorzuziehen, bei dem der Umrechnungskurs hinter einer Blackbox verschwindet. Preisvergleich ist die härteste Währung des Anlegers. Die Ironie der Digitalisierung besteht darin, dass sie Friktionen sichtbar machen könnte – in Echtzeit, auf zwei Dezimalen genau –, sie stattdessen aber oft elegant verbirgt. Die Benutzeroberflächen sind auf Reibungslosigkeit getrimmt, der Weg vom Gedanken zur Order dauert Sekunden. Je weniger Klicks zwischen Idee und Ausführung liegen, desto geringer ist die Hemmschwelle, «kurz» zu handeln. In diesem Design gewinnt der Anbieter, der es schafft, Kosten in die unscheinbaren Ecken zu verschieben. Die Währung ist eine solche Ecke. Wer sie ignoriert, zahlt. Für Schweizer Anleger hat das Thema noch eine strategische Dimension. Der starke Franken wirkt wie ein schwerer Gegenwind auf ausländische Erträge, Währungsschwankungen dominieren kurzfristig oft die Kursbewegung der Aktie. Wer hierzulande in US-Tech investiert, geht faktisch zwei Wetten ein: auf das Unternehmen und auf den USD/CHF-Kurs. Die Eintrittstür dieser zweiten Wette ist der Umrechnungskurs beim Kauf. Je höher der Spread, desto schlechter die Ausgangslage. Umso mehr sollte die Währungsfrage nicht als Nebensache behandelt werden, sondern als integraler Bestandteil der Investmententscheidung. Am Ende ist die Lektion schlicht, aber unbequem: Tiefe Courtagen sind nicht gleich tiefe Gesamtkosten. Der Forex-Spread ist keine Nebensächlichkeit, sondern ein Preisschild, das über Jahre die Rendite beeinflusst. Wer es ernst meint mit Kostendisziplin, macht die Währung transparent. Er prüft den erhaltenen Kurs gegen einen unabhängigen Referenzwert, vermeidet unnötige Umrechnungen, nutzt echte Multi-Währungslösungen, achtet auf klare FX-Tarife und akzeptiert, dass Bequemlichkeit an der Börse selten gratis ist. Die Rendite dankt es – still, aber nachhaltig.